Dietrich Bonhoeffer – unser Namensgeber

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945)

Dietrich Bonhoeffer – dieser Name steht für Zivilcourage, gelebtes Christsein und politischen Widerstand. Im Folgenden werden die wichtigsten Abschnitte seines Lebens beleuchtet.

Dietrich Bonhoeffer war das sechste von acht Kindern und wurde am 4. Februar 1906 in Breslau geboren. Von seinem sechsten Lebensjahr an wuchs er in Berlin auf, wo dem Vater Karl Bonhoeffer sowohl der Lehrstuhl für Neurologie und Psychiatrie als auch die Leitung der Universitäts-Nervenklinik übertragen worden war. Die Mutter, Paula Bonhoeffer, war eine überzeugte Christin, aufgewachsen als Tochter von Theologen, lebhaft, kontaktfreudig und fantasievoll. Seine Geschwister und er erlebten eine harmonische und erfüllte Kindheit. Die Eltern verlangten zwar Rücksichtnahme von ihren Kindern, gaben ihnen jedoch viel Freiheit. Bonhoeffer spielte ausgezeichnet Klavier.

1923 bestand Dietrich Bonhoeffer mit 17 Jahren das Abitur und begann sein Theologiestudium in Tübingen, wo er zeitweise bei seiner Großmutter wohnte. Im Winter 1927/28 legte Dietrich sein Erstes Theologisches Examen ab und reichte seine Doktorarbeit ein: Sanctorum Communio, die 1930 veröffentlicht wurde. 1931 zog er nach Berlin und übernahm neben seiner Tätigkeit als Privatdozent an der Universität das Studentenpfarramt an der Technischen Hochschule. In dieser Zeit begann auch seine ökumenische Arbeit. Er wurde zum Jugendsekretär des „Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen“ gewählt.

Am meisten aber beschäftigte Bonhoeffer in dieser Zeit eine Konfirmandengruppe im Stadtteil Prenzlauer Berg. Mit dieser Konfirmandengruppe aus einem sozialen und politischen Brennpunkt war der zuständige Pfarrer nicht zurechtgekommen. Bonhoeffer jedoch schaffte es, engen Kontakt mit diesen in bedrückenden Verhältnissen lebenden Jungen zu knüpfen. Er kümmerte sich persönlich um sie, verbrachte Wochenenden mit ihnen, nahm sie in das Ferienhaus der Familie in Friedrichsbrunn im Harz mit und sorgte mit Hilfe der Mutter dafür, dass jeder der Jungen einen Konfirmationsanzug erhielt.

1933, im Jahr der Machtergreifung Adolf Hitlers, gab es einschneidende Veränderungen in Bonhoeffers Leben. Er stand sofort in der kirchlichen Opposition. Schon in den ersten Tagen nach dem 31. Januar wurde ein Radiovortrag ausgeblendet, in dem Bonhoeffer davon sprach, dass ein Führer, der sich zum Idol seiner Anhänger mache, zum Verführer werde. Bei seinem Vortrag „Die Kirche vor der Judenfrage“ drei Monate später verließen einige Hörer verärgert den Saal. Bonhoeffer hatte auf die Pflicht der Kirche hingewiesen, den Staat immer wieder danach zu fragen, ob sein Handeln verantwortet werden könne. Hier klingt schon der Gedanke an politischen Widerstand an, wenn Bonhoeffer auch noch lange versuchte, ausschließlich durch sein Handeln innerhalb der Kirche zu wirken. Gleichzeitig bemühte er sich, durch seine ökumenische Arbeit Unterstützung aus dem Ausland zu erhalten.

Im April 1935 bat ihn die Bekennende Kirche, ein von ihr gegründetes illegales Predigerseminar, eine Ausbildungsstätte für Theologen, zu übernehmen und zu leiten. Bonhoeffer folgte dieser Bitte. Dabei hatte er selbst die Pflicht, ein solches zu besuchen, umgangen.

Die Vikare, die in das Finkenwalder Predigerseminar kamen, hatten sich bereits für die Bekennende Kirche und gegen die Reichskirche entschieden. Die Zeit in Finkenwalde sollte die jungen Theologen für ihr ganzes Leben prägen. Bonhoeffer führte mit ihnen ein konsequentes christliches Leben, aus dessen Gemeinschaft den jungen Theologen die Kraft erwuchs, den Belastungen und Bedrängnissen standzuhalten, denen sie in ihrer Arbeit innerhalb der Bekennenden Kirche ausgesetzt waren. Es wurde streng theologisch gearbeitet, Politik und Kirchenpolitik jedoch sorgfältig beobachtet und diskutiert. Der Druck von außen und damit die Versuchung, sich doch der Reichskirche zu unterwerfen, war für manche Vikare zu groß. Vor allem diejenigen, die das Seminar beendet hatten und nun allein in ihrer Gemeindearbeit standen, brauchten Unterstützung.

1937 wurde das Seminar polizeilich geschlossen, die Arbeit aber im Untergrund fortgesetzt. 1940 kam dann das endgültige Verbot. Inzwischen waren die Vikare weitestgehend in die Wehrmacht eingezogen worden. Für Bonhoeffer war diese Zeit sehr prägend. Bereits Ende 1935 schrieb er selbst, dass dies die beruflich und menschlich ausgefüllteste Zeit gewesen sei: Er konnte unter Gleichgesinnten wirken, die ihn anerkannten und auf seine Meinung und seinen Rat hörten.

Die Gefahr einer Einberufung Bonhoeffers zum Kriegsdienst wurde jedoch immer bedrohlicher. Als der Musterungsbefehl schließlich kam, erreichte der Vater noch eine Zurückstellung, weil Dietrich eine Einladung zu Vorträgen in Amerika hatte. Dietrich hatte bei seinem ersten Amerika-Aufenthalt viele Menschen kennen gelernt und Freunde gewonnen, die sich nun um ihn bemühten. So reiste er im Juni über London, wo er Schwester und Schwager besuchte, nach New York. Man wusste, dass der Krieg bevorstand und damit Bonhoeffers Situation immer schwieriger werden würde. Amerika schien eine gute Lösung zu sein, um den zunehmenden Gefahren zu entgehen. Doch der Gedanke, Familie und Freunde in den Schwierigkeiten zurückgelassen zu haben und selbst abseits in Sicherheit zu sitzen, wurde für Bonhoeffer immer unerträglicher. So kehrte er nach sechs Wochen nach Deutschland zurück, obwohl amerikanische Freunde ihn in den USA zurückzuhalten versuchten. Bonhoeffer wusste, dass diese Rückkehr gefährlich werden würde. Die Bekennende Kirche war durch ständige Repressalien immer schwächer geworden und nicht mehr zu öffentlich wirksamen Handlungen fähig. Aus diesem Grund beschloss Bonhoeffer, sich politisch zu engagieren. Aus dem nur kirchlichen Widerstand wurde jetzt ein politischer Widerstand.

Hans von Dohnanyi, Ehemann von Bonhoeffers zweitältester Schwester Christine, arbeitete unter Admiral Canaris im Amt für Spionageabwehr. Beide gehörten führend zu einer Oppositionsgruppe, die sich um Hilfe für bedrängte Juden und um die Dokumentation der Verbrechen des Nationalsozialismus bemühte und später aktiv auf die Tötung Hitlers hinarbeitete. In dieser Gruppe liefen viele Fäden des Widerstandes zusammen. Bonhoeffer wurde um 1940 als sogenannter V-Mann eingestellt und entging dadurch der Gefahr, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Offiziell sollte er seine Auslandsbeziehungen für die Spionageabwehr zur Verfügung stellen, in Wirklichkeit aber setzte er sie für den Widerstand ein.

Neben allen politischen und kirchlichen Aufgaben und Aktivitäten im Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime blieb es für Bonhoeffer wichtig, theologisch zu arbeiten. Er begann seine Ethik, in der er sich mit Fragen der Verantwortung im politischen und privaten Bereich auseinandersetzte. Das begonnene Buch konnte er jedoch nicht mehr abschließen. Bonhoeffer schrieb an der Ethik zumeist zu Hause in Berlin, obwohl ihm 1938 ein Aufenthaltsverbot für die Stadt erteilt worden war. Sein Vater hatte jedoch erreicht, dass er seine Eltern in Berlin besuchen durfte, wo er als einzig Unverheirateter unter seinen Geschwistern sein Zimmer im Elternhaus behalten hatte.

Schließlich wurde die konspirative Arbeit Bonhoeffers entdeckt. Am 5. April 1943 verhaftete ihn die Gestapo und mit ihm Hans von Dohnanyi und dessen Frau. Christine von Dohnanyi konnte nach fünf Wochen das Gefängnis wieder verlassen. Obwohl Bonhoeffer immer mit einer Verhaftung gerechnet hatte, war für ihn die erste Zeit im Gefängnis sehr hart. Er wurde in einer verschmutzten Zelle isoliert, niemand sprach ein Wort mit ihm. Von den Eltern erhielt er alle zehn Tage Post, die er auch beantworten durfte.

Dohnanyi und Bonhoeffer waren in verschiedenen Gefängnissen inhaftiert. Bonhoeffer fand im Gefängnis Tegel nach einer Weile freundliche Wärter, die versuchten, ihm das Leben erträglicher zu machen. Der Kommandant des Gefängnisses rief sogar nach schweren Luftangriffen bei den Eltern an, um ihnen zu sagen, dass ihrem Sohn nichts geschehen sei. Auf diese Weise erhielt Bonhoeffer auch oft nach Fliegeralarmen Nachricht von seinen Eltern. Außer an seine Eltern durfte Dietrich jedoch niemandem schreiben. Allerdings durfte er Briefe bekommen. Für manche schien es aber nicht ratsam, durch Briefe die Gestapo, die die Post kontrollierte, auf sich aufmerksam zu machen. So setzten sich zwei Wärter besonders für Bonhoeffer ein.

Bonhoeffer hatte – wie gesagt – im Gefängnis unter dem Wachpersonal allerhand Freunde und dadurch auch diese und jene Vergünstigung. Er wusste manches, was draußen noch nicht bekannt war, zum Teil über Mitgefangene, die gut unterrichteten Besuch hatten oder sich durch Codes mit Angehörigen verständigen konnten. Außerdem konnte er möglicherweise den englischen Sender hören. So war er im Frühsommer 1944 recht hoffnungsvoll, weil er wusste, dass das Attentat auf Hitler demnächst erfolgen musste. Umso schlimmer traf ihn dann die Nachricht von dem misslungenen Putsch am 20. Juli 1944. Bonhoeffer war nun deutlich bewusst, dass seine Chancen zu überleben sanken. Nahestehende Männer aus dem Widerstand wurden hingerichtet, darunter auch der Onkel Paul von Hase, Generalleutnant und Stadtkommandant von Berlin, der durch seinen Besuch bei Dietrich im Gefängnis für ihn manches erleichtert hatte.

Mit dem freundlichen Wärter Knobloch plante Dietrich dann die Flucht, aber es kam nicht dazu, denn Klaus Bonhoeffer wurde verhaftet. Kurz darauf wurde Dietrich in das üble Hauptgefängnis der Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße verlegt, wohin auch Hans von Dohnanyi für eine Weile gekommen war, ehe er ins KZ Sachsenhausen gebracht wurde. Am 2. Februar 1945 wurde Klaus Bonhoeffer zum Tode verurteilt und am 23. April von der Gestapo erschossen. Hans von Dohnanyi wurde am 9. April im KZ Sachsenhausen umgebracht.

Seitdem Dietrich in der Prinz-Albrecht-Straße war, gelangten kaum noch Nachrichten von ihm an die Familie. Am 28. Februar versuchten die Eltern noch einmal, Dietrich in der Prinz-Albrecht-Straße mit einem Brief zu erreichen. Aber schon am 7. Februar war er über Buchenwald und andere Stationen nach Flossenbürg gebracht worden. Die Familie erfuhr davon nichts. In der Morgendämmerung des 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer im Lager Flossenbürg erhängt.

vgl.: https://www.dietrich-bonhoeffer.net, kons. am 14.11.2017